LEROMA rettet Rohstoff-Überschüsse vor der Tonne

INTERVIEW | Die Lebensmittelindustrie produziert im Überfluss, wodurch viele, noch gute Rohstoffe im Müll landen. LEROMA möchte das ändern.

Die einen auf der Welt haben zu wenig, die anderen viel zu viel. So landen häufig qualitativ hochwertige Rohstoffe und Lebensmittel im Müll – über 1,5 Milliarden Tonnen jährlich! Das ist eine extrem hohe Zahl, die mach sich kaum vorstellen kann. Diesem unschönen Umstand möchte Marina entgegenwirken und hat LEROMA gegründet – eine B2B-Plattform, durch die der Beschaffungsprozess von Lebensmittelrohstoffen vereinfacht und Überschüsse zu geeigneten Abnehmer gelangen sollen.

Wie genau die Rohstoff-Plattform funktioniert, an wen sie sich richtet und was bisher schon erreicht werden konnte, erzählt Marina im Interview.

*Hinweis: Zur besseren Lesbarkeit von personenbezogenen Wörtern wird in diesem Interview die männliche Form genutzt. Diese Begriffe gelten für alle Geschlechter.

Gruene-Startups: Marina, mit LEROMA möchtest du gegen die Rohstoffverschwendung vorgehen und die Beschaffungsprozesse der Lebensmittelindustrie vereinfachen. Hol unsere Leser*innen einmal ab – was genau sind die aktuellen Probleme in diesem Bereich?

Marina: Die Lebensmittelbranche in Deutschland ist bisher noch wenig digitalisiert. Daher können die Beschaffungsprozesse sehr lange andauern. Lebensmittelhersteller suchen wochenlang nach den geeigneten Rohstoffen, während die Anbieter nach Abnehmern suchen. Diesen Beschaffungsprozess möchte ich mit der digitalen B2B-Plattform vereinfachen und transparenter gestalten, indem die Lebensmittelhersteller und Produzenten schneller zusammengebracht werden. Die Idee hinter der Plattform ist es, dass die Unternehmen Zeit und Geld einsparen können.

Die Überschussbörse ist unsere zweite Geschäftsidee. Über diese können Anbieter ihre Überschüsse, Reststoffe und Restposten inserieren. Denn jährlich werden weltweit etwa 1,6 Mrd. Tonnen Rohstoffe entsorgt, die eigentlich hätten weitergenutzt werden können. Ich habe gesehen, dass Unmengen an Tonnen entsorgt werden und es mir zum Ziel gemacht, dafür eine Lösung zu bieten.

Marina, die Gründerin von LEROMA (Bild: LEROMA)

 

Das ist ein tolles Ziel! An wen richtet sich LEROMA konkret und was kann dort alles gefunden werden?

Unser Startup LEROMA richtet sich an den B2B-Kunden. Das bedeutet, dass wir am Anfang der Wertschöpfungskette ansetzen. Unsere Zielgruppen sind demnach Rohstofflieferanten und Produzenten der Lebensmittelindustrie, sowie benachbarte Industrien, die Überschüsse oder Reststoffe weiterverarbeiten können.

Innerhalb von fünf Jahren erschufen wir die Datenbank, die 8000 Rohstoffmöglichkeiten mit den dazugehörigen 15 Industriegruppen anbietet und eine Suchmaschine für Lebensmittelrohstoffe darstellt. Es kann nach Rohstoffen sowie nach Überschüssen, Restposten oder Reststoffen gesucht werden. Letztere drei werden in der Überschussbörse inseriert und können zu einem günstigeren Preis und einer verkürzten Lieferzeit erworben werden. Somit können die überschüssigen Rohstoffe noch veräußert werden und verlassen noch nicht die Wertschöpfungskette.

Begonnen habt ihr mit der Rohstoffsuche bzw. -datenbank. Welche Funktionen und Vorteile bietet sie?

LEROMA ist eine produktorientierte, digitale B2B-Plattform, auf der die Rohstoffe und ihre Eigenschaften im Vordergrund stehen. Die Plattform bildet eine digitale Brücke zwischen Rohstofflieferanten und Rohstoffeinkäufern und ermöglicht ein effizientes Ressourcenmanagement für die Lebensmittelindustrie.

Das Alleinstellungsmerkmal sind die Filterkriterien, nach denen Rohstoffe gesucht werden können. Im Vergleich zu anderen Plattformen haben wir mehr Facheigenschaften und Informationen von den Rohstoffen hinterlegt, wie zum Beispiel der PH-Wert oder der Proteingehalt, die filterbar sind. In der Zukunft möchten wir gerne eine Standardisierung der Spezifikationen erreichen.

Seit diesem Jahr gibt es auch die bereits erwähnte Überschussbörse bei LEROMA. Wie funktioniert diese konkret – woher stammen die Überschüsse, wie gelangen sie zu den Abnehmern?

Lebensmittelverschwendung ist ein allgegenwärtiges Thema. Aus diesem Grund haben wir die Überschussbörse ins Leben gerufen, um den vermeintlichen Reststoffen eine zweite Chance zu schenken. Über die Überschussbörse können Reststoffe, Überschüsse und Restposten in einer Kreislaufwirtschaft weitergegeben werden, sodass die Lebensmittelverschwendung bereits am Anfang der Wertschöpfungskette reduziert wird.

Die Überschüsse stammen aus Industrien, die aufgrund von Fehlkalkulationen auf ihren Rohstoffen sitzen bleiben und diese entsorgen müssen. Ein Beispiel dafür ist ein Kaffeeproduzent, der 15 Tonnen zu dunkel gerösteten Kaffee produzierte. Diesen konnte er so nicht mehr in der Lebensmittelindustrie verkaufen. Daraufhin inserierte er sein Erzeugnis auf unserer Überschussbörse und die Bohnen wurden über das LEROMA Netzwerk weiter an einen Händler der Kosmetikbranche vermittelt. Dort wurden sie anstelle von Mikroplastik in mechanischen Peelings verwendet.

Ein Beispiel von LEROMA, wie die Rohstoff-Überschüsse verwendet werden (Bild: LEROMA).[/caption]

 

Mit welchen Partnern arbeitet ihr zusammen und müssen diese bestimmte Kriterien erfüllen?

Wir arbeiten auf der einen Seite mit Rohstofflieferanten und auf der anderen Seite mit Lebensmittelproduzenten zusammen. Die einzige Voraussetzung für beide Akteure ist der Umgang mit Rohstoffen, da wir nur diese und Halbfertigerzeugnisse auf der Plattform aufnehmen. Hierbei stehen Endverbraucherprodukte nicht im Vordergrund. Bestimmte Zertifikate aus der Lebensmittelindustrie sind für die Teilnahme auf der Plattform nicht erforderlich.

Wie kommen Lebensmittelüberschüsse in der Industrie eigentlich zustande?

Da gibt es die verschiedensten Gründe. Überschüsse entstehen gelegentlich durch Fehlkalkulationen auf Seiten des Einkaufs und können somit in allen Industrien anfallen. Des Weiteren können Überschüsse entstehen, wenn ein Kontraktverhältnis zwischen Lieferant und Produzent besteht. Hier kann es vorkommen, dass weniger Ware produziert wird als ursprünglich Rohware eingekauft war. Der Produzent bleibt somit auf der überschüssigen Rohware sitzen, da er diese meist nicht zurück an den Lieferanten geben kann. Im Bereich Obst/Gemüse kommt es hingegen oft zu Restposten, da viele erntefrische Früchte nicht den optischen Ansprüchen des Supermarktregals entsprechen. So entstehen große Mengen an Resten, die der Supermarktware qualitativ in keinster Weise nachstehen.

Was konntet ihr bisher bezüglich der zu Anfang genannten Probleme erreichen?

Gerade die Überschussbörse bekommt viel zu Zuspruch von den Unternehmen und wird gerne angenommen. Darüber konnten wir bereits über 200 Tonnen Reststoffe und Nebenströme als Teil einer Kreislaufwirtschaft weitergeben. Nicht nur in die Lebensmittelindustrie, sondern auch in der Kosmetik-, Chemie- und Reinigungsindustrie wurden aus den Reststoffen wieder Wertstoffe hergestellt.

Was möchtet ihr weiterhin mit LEROMA und für die Lebensmittelindustrie erreichen und welche Schwierigkeiten gibt es aktuell noch?

In Zukunft möchten wir auf LEROMA eine 16. Industriegruppe integrieren. In dieser sollen Nebenströme wie Trester oder Schalen von Obst veräußert und wiederverwertet werden. Damit möchten wir eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft in der Lebensmittelindustrie aufbauen.

Die Plattform ist ein digitaler Pionier in der Lebensmittelindustrie und soll in den nächsten 5 Jahren LEROMA eine weltweit bekannte B2B-Plattform für Lebensmittelrohstoffe werden. Unsere Idee der Rohstoffweitergabe und unser Gedanke an die Nachhaltigkeit steht bei uns im Vordergrund. Mit der Überschussbörse möchte LEROMA verschiedene Industrien dazu anregen, bereits vorhandene Rohstoffe stärker zu nutzen und so nachhaltiges Wirtschaften zu fördern und Nebenströme zu valorisieren. 

 

Vielen herzlichen Dank für das Interview, liebe Marina!

Dir schwebt nun auch noch eine Frage im Kopf herum, die du gerne an LEROMA stellen möchtest?

Dann schreib sie in die Kommentare. Wir freuen uns auf den Austausch mit dir!

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