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Minutenpreise beim Carsharing – Fluch oder Segen?

Carsharing ist eine tolle Alternative zum eigenen Auto. Vor allem in Großstädten wird das Angebot eines Autos auf Zeit dankend angenommen. Das liegt zum einen daran, dass die Parkkosten besonders in den Innenstädten meist sehr hoch sind und die Parkmöglichkeiten gering. Zum anderen brauchen viele Großstädter aufgrund des guten Nahverkehrs kein dauerhaftes Auto und wollen sich damit auch die Anschaffungs-, Erhaltungs- und Versicherungskosten sparen. Trotzdem ist ein Auto hin und wieder auch in Städten wie Berlin, Hamburg, Köln oder Frankfurt nützlich, beispielsweise wenn man der Stadt einmal entfliehen möchte, sich aufgrund von Zeitdruck oder eines Streiks nicht auf den Nahverkehr verlassen möchte/kann, oder viel zu transportieren hat.

Carsharing wird immer beliebter

Wie beliebt das Carsharing tatsächlich ist, zeigt sich in den Zahlen. Seit Jahren steigt die Nutzerzahl von Carsharing Anbietern an. Laut IfD Allensbach nutzten 2014 etwa 0,49 Millionen Menschen das alternative Mobilitätsangebot. Bis 2018 stieg diese Zahl mit 1,7 Millionen Personen auf mehr als das doppelte.

Wichtig ist den Kunden bei der Wahl des richtigen Anbieters vor allem ein leicht verständliches und transparentes Preissystem, so die DHBW Ravensburg. Fast genauso signifikant seien eine einfache Fahrzeugbuchung, die Nähe zur Abhol- und Rückgabestelle und die garantierte Verfügbarkeit des gebuchten Fahrzeugs.

Trotz der steigenden Beliebtheit des Carsharings, gibt es einige Kontroversen über die einzelnen Anbieter. Genauer gesagt um die Preismodelle dieser. So empört sich Don Dahlmann, Journalist und Kolumnist bei gruenderszene.de, etwa über die Minutenpreise im Carsharing. Dieses System sei laut Dahlmann nicht nur irrsinnig. Auch wir haben uns mit der Thematik befasst und wollen die Geschäftsmodelle der Anbieter genauer unter die Lupe nehmen.

Minutenpreise versus Kilometerpreise

Laut Dahlmann sind Minutenpreise ein reines Lockmittel. Die Centpreise lassen den Carsharing Service meist günstiger erscheinen als er tatsächlich ist. So erscheinen 29 Cent die Minute recht wenig, aber auch diese berechnen sich auf 17,40€ pro Stunde. Dahlmann kritisiert, dass dies dazu führen könne, dass Autofahrer besonders schnell fahren, um weniger Geld bezahlen zu müssen. Das ist nicht nur weniger nachhaltig, sondern auch gefährlich. Offizielle Beweise für diese Annahme gäbe es jedoch nicht.

Auch Michal Schmidt ist Gegner des Minutenpreises. Er ist Gründer des Carsharing-Systems spotcar und erklärte in einem Interview mit Charsharing-Experten.de, dass er sich gegen die Minuten- und für die Kilometerabrechnung ausspricht. Grund dafür sei zum einen die hohe Verkehrsdichte in den Städten – diese führe dazu, dass Autofahrer öfter als geplant im Stau stehen. Bei der Minutenbepreisung weiß der Kunde vorher also nie, wie viel die Fahrt wirklich kosten wird. Anders sei das beim Kilometerpreis. Dieser könne schließlich schon vorab genau berechnet werden, denn die Kilometer variieren nicht je nach Verkehrslage.

Allerdings ist ein Minutenpreis nicht nur negativ zu sehen. Die garantierte Verfügbarkeit des Fahrzeuges ist, wie oben bereits erwähnt, den meisten Kunden sehr wichtig. Das funktioniert jedoch nicht, wenn der Vormieter sich alle Zeit der Welt nimmt. Der Minutenpreis hält das System in gewissem Maße am laufenden. Dadurch, dass die Kosten immer weiterlaufen, wird das Auto meist wirklich nur für den Zeitraum genutzt, in dem man es wirklich braucht. So werden Autos auch schneller wieder für Nachmieter frei.

Das System des Minutenpreises wird hauptsächlich von sogenannten Free-Floating Carsharing Anbietern genutzt. Das bedeutet, dass man das gemietete Auto nicht an einer bestimmten Station abstellen muss. Vielmehr kann man es bequem in der Nähe des Hauses parken. Andere Kunden können dann auf der App einsehen, wo sich das nächste Auto befindet und dieses bequem buchen.

Welches Preissystem dominiert in der Branche?

Wir haben uns bei den beliebtesten Carsharing Anbietern umgeguckt und wollen euch diese kurz vorstellen. Dabei haben wir aber vor allem ein Auge auf das Abrechnungssystem geworfen.

ShareNow

ShareNow vereint die Unternehmen car2go und DriveNow. Die Firma ist Deutschlands größter Carsharing Anbieter, sowohl im Sinne der Kundenzahl, als auch bezogen auf die Zahl der Fahrzeuge. Hier handelt es sich um ein Free-Floating Unternehmen, wie oben beschrieben. Die Firma rechnet in Minutenpreisen ab. Bei diesem Unternehmen fällt eine einmalige Validierungsgebühr an, je nach Größenklasse des Autos fallen dann unterschiedlich Hohe Minutenpreise an. Diese variieren in etwa zwischen 19 – 31 Cent/min. Ab 200km fallen 29cent/min mehr an.

Cambio

Cambio ist ein stationengebundenes Unternehmen. Berechnet wird die Fahrt aus einer Kombination aus Kilometer- und Stundenpreis. Auch hier variieren die Stundenpreise nach Größenklasse der Autos und Tarifoption. Eine Buchung dauert mindestens 1 Stunde und maximal 30 Tage. Nachtstunden werden vergünstigt abgerechnet. Der Kilometerpreis ergibt sich, nach eigenen Angaben des Unternehmens) aus dem durchschnittlichen Benzinpreis (E5) von 1,25 bis 1,40 Euro.

Stadtmobil

Stadtmobil ist vergleichbar mit Cambio. Beide Unternehmen haben feste Stationen und berechnen auf Stunden- und Kilometerbasis. Kleinere Autos sind auch hier günstiger als größere. Das Unternehmen verlangt eine Aufnahmegebühr von 29€. Eine Stunde in einem Kleinwagen wird auf 2,30€ berechnet. Nachtfahrten sind etwas günstiger. Bis 100km werden pro Kilometer zuzüglich 25Cent kalkuliert.

Book-N-Drive

Wie Stadtmobil und Cambio berechnet auch Book-N-Drive nach Kilometer und Stunden und verlässt sich ebenfalls auf Stationen. Jeder gefahrene Kilometer wird laut Unternehmen mit einer festen Kilometerpauschale berechnet. Eine Kilometerbegrenzung gäbe es nicht. Eine Stunde in der Fahrzeugklasse XS kommt hier auf 3,30€, zuzüglich 26Cent pro Kilometer. Abonnenten kommen etwas günstiger davon.

Flinkster

Das Unternehmen der DB reiht sich bei den Vorgängern ein. Auch Flinkster rechnet pro Stunde und Kilometer ab. Nachtstunden werden vergünstigt angeboten. Ein Auto in der Kleinklasse bietet Flinkster für 5€/Stunde an. Hinzu kommen 18Cent pro Kilometer.

Unser Fazit

Minutenpreise stehen immer wieder unter starker Kritik. Zum einen seien sie nicht transparent genug, da die Kunden aufgrund von unvorhergesehenen Staus oft nicht abschätzen können, wie lang eine Fahrt dauert. Zum anderen befürchten manche, dass der Wunsch nach geringen Kosten einige Fahrer dazu bewegt, den Fuß nicht vom Gas zu nehmen. Die Berechnung in Minuten macht für die Unternehmen in Großstädten auch Sinn. Kunden sind mit der Buchung in Minuten flexibler. In vielen Städten braucht man das Auto oft weniger als eine Stunde. Bei Anbietern wie Cambio ist dies beispielsweise nicht möglich. Wer nur kurz Einkaufen fahren möchte, kommt mit einem Minutenpreis womöglich günstiger davon. Dennoch ist die Strategie den Preis in Stunden UND Kilometern zu berechnen eine bessere Lösung. Auf der einen Seite können die Kunden so besser abschätzen, wie viel eine Fahrt ungefähr kosten wird, auf der anderen Seite werden sie aber auch dazu angehalten pünktlich zu sein, womit die Verfügbarkeit eines Fahrzeuges besser abgeschätzt werden kann. Durch die Berechnung in Stunden statt Minuten stehen Nutzer außerdem weniger unter Druck schnell zu fahren.

Am sichersten wäre sicherlich eine Lösung, die ohne Zeitdruck auskommt. Das Unternehmen Spotcar hat sich diese Mission zur Aufgabe gemacht und konnte dem Konkurrenzdruck in Berlin leider nicht standhalten. Bei den wachsenden Nutzerzahlen der großen Anbieter, die mit Minuten- und Stundenberechnung guten Umsatz machen, wird sich an den aktuellen Preismodellen wahrscheinlich auch zukünftig nicht viel ändern.

Bei einer Strecke von 60km in einer Stunde, schneiden Finkster und Cambio allerdings am günstigsten ab. ShareNow/car2go liegt genau im Mittelfeld.

Auch interessant: https://gruene-startups.de/carsharing-hat-einen-festen-platz-im-mobilitaetsmix-der-zukunft/

1 thought on “Minutenpreise beim Carsharing – Fluch oder Segen?

  1. Das kommt dann wieder immens darauf an, wo man eigentlich wohnt und in der Stadt und je nach Uhrzeit würde das natürlich ein erheblich anderer Wert werden als sonst. Systeme bei denen das Geld im Voraus schon feststeht, sind einfach weniger anstrengend für alle Beteiligten Nunja, sehr ausführliche Erklärung mit Darstellung aller Player und aller Vorteile, Chapeau!

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