Felix Spira von rootability

Studenten, setzt euch für mehr Nachhaltigkeit ein!

Das grüne Startup rootAbility unterstützt Studierende dabei sich für mehr Nachhaltigkeit an Hochschulen einzusetzen. Hierzu verbreitet das Unternehmen das Modell von studentische Nachhaltigkeitsbüros („Green Offices“ oder „Sustainability Hubs“ im Englischen) europaweit.

GRÜNE-STARTUPS.de: Herr Strasser, stellen Sie doch bitte Ihr grünes Startup „rootAbility“ einmal vor.

TIM STRASSER: Wir unterstützen Studierende dabei sich für mehr Nachhaltigkeit an Hochschulen einzusetzen. Das machen wir indem wir das Modell von studentische Nachhaltigkeitsbüros („Green Offices“ oder „Sustainability Hubs“ im Englischen) europaweit verbreiten. Seit 2012 wurde unser Modell bereits an über 25 Universitäten und Fachhochschulen in vier europäischen Ländern umgesetzt. Gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen wollen wir in den kommenden Jahren ein europaweites Netzwerk von studentischen Nachhaltigkeitsbüros aufbauen.

Sie sind nominiert für den Next Economy Award 2016. Was denken Sie, war der ausschlaggebende Grund für Ihre Nominierung?

TIM STRASSER: Im Vergleich zu anderen Lösung wie der Einstellung eines Nachhaltigkeitsmanagers, arbeiten in unsere Modell Studierende und HochschulmitarbeiterInnen zusammen. Dadurch wird die Innovationskraft von Studierenden mit der Erfahrung von Hochschulangestellten verknüpft. Im Vergleich zu studentischen Hochschulgruppen, wird in den Nachhaltigkeitsbüros studentisches bottom-up Engagement durch Top-Down Finanzierung, Büroräume und Mandate von der Hochschulleitung ermöglicht. Auch fördern wir ganzheitliche Ansätze, um Nachhaltigkeit in allen Teilbereichen der Hochschule – also in Lehre, Forschung, Betrieb und Governance – zu integrieren, anstatt sich nur auf einen Teilbereich wie Nachhaltigkeit im Betrieb zu fokussieren.

Tim Strasser_rootAbility
Tim Strasser_rootAbility

Welches „grüne“ Problem lösen Sie und welche Vision steckt hinter Ihrem Konzept?

TIM STRASSER: Zwanzig Millionen Studierende werden als zukünftige EntscheidungsträgerInnen an 4400 europäischen Hochschulen ausgebildet. Jedoch erhalten nur wenige von ihnen Möglichkeiten, sich während dem Studium mit gesellschaftlichen Herausforderungen wie Klimawandel, Flüchtlingskrisen, Ressourcenschwund und Ungleichheit zu befassen und aktiv an deren Lösung mitzuwirken. Das ist ein Problem, weil sie als zukünftige LehrerInnen, Manager oder Ingenieure unweigerlich mit diesen Herausforderungen in Kontakt kommen werden.

rootAbility setzt sich also für einen institutionellen Wandel im Hochschulsystem ein, damit eine kritische Masse von Studierenden während ihrer Zeit an der Hochschule mit Nachhaltigkeit in Kontakt kommt, um so die Fähigkeiten, Wissen und Werte für eine Gestaltung der Next Economy gewinnen.

Wie geht es Ihrer Branche aktuell?

TIM STRASSER: Unsere „Branche“ ist der Hochschulsektor. In Europa gibt es 4400 Hochschulen, davon 400 in Deutschland. 20mio Studierende studieren in der EU und davon 2.7mio in Deutschland. Nachhaltigkeit an Hochschulen steht hier noch in den Kinderschuhen: Nur 4% der Hochschulen in Deutschland haben einen öffentlich zugänglichen Nachhaltigkeitsbericht und nur 4% ein zertifiziertes Umweltmanagementsystem. Zahlen für die Studienangebote zum Thema Nachhaltigkeit sind schwer zu bekommen, jedoch lag die Zahl auch bei 4% in 2009 laut einer Erhebung der FU Berlin. An einigen Hochschulen gibt es ehrenamtlich engagierte Initiativen oder kleinere Projekte die von Studierenden oder HochschulmitarbeiterInnen umgesetzt werden, doch wenig strukturelle Ansätze, die auch eine aktive Mitgestaltung Studierender ermöglichen. In einigen Ländern haben sich auch hochschulübergreifende Netzwerke gebildet. Wir sind dabei einige dieser Netzwerke, wie oikos, Netzwerk N, National Union of Students UK, REFEDD, Studenten voor Morgen, mehr miteinander zu verknüpfen und gemeinsam als internationale und organisations-übergreifende Bewegung zu wirken.

Wie sieht Ihr Geschäftsmodell aus?

FELIX SPIRA: Wir arbeiten mit einem Freemium-Business Modell: Wir stellen Materialien zu unserem Modell auf unserer Internetseite zur freien Verfügung und führen Skypegespräche mit interessierten Studierenden durch. Gegen Bezahlung bieten wir Workshops und Prozessbegleitung zum Thema Nachhaltigkeitswandel an Hochschulen, sowie Umsetzung des Modells. Auch formalisieren wir gerade unser informelles Netzwerk von Nachhaltigkeitsbüros, um eine Netzwerkstruktur von zahlenden MitgliederInnen aufzubauen, die wir dann auch besser unterstützen können. Desweiteren arbeiten wir mit Partnerorganisationen an Bewerbungen für die Entwicklung von mehr Open-Source Materialien, sowie online und offline Lernangeboten zum Thema Nachhaltigkeit an Hochschulen.

Was waren und was sind die größten Herausforderungen für Ihre Unternehmung auf dem bisherigen Weg?

FELIX SPIRA: Die Anpassung unseres Modells an lokale Hochschulkontexte in anderen Ländern, die Entwicklung von Dienstleistungen für ein tragfähiges Businessmodel, die Weiterentwicklung unseres internationalen Netzwerks von Nachhaltigkeitsbüros, und unsere online Lernangebote über Nachhaltigkeit an Hochschulen für Studierende und Nachhaltgkeitsbüros zu verbessern.

Studierende bei einem rootability Workshop

Wie ist Ihr Gründerteam aufgestellt? Welche fachlichen und sozialen Kompetenzen waren für den bisherigen Erfolg ausschlaggebend?

FELIX SPIRA: Die wichtigsten Kompetenzen des Teams bestehen aus unseren eigenen Erfahrungen in der Arbeit in Nachhaltigkeitsbüros, sowie Kompetenzen für Workshop- und Prozessbegleitung die wir in den letzten Jahren entwickelt haben. Auch sprechen wir neben Deutsch noch Niederländisch, Englisch, Italienisch und Französisch. Das ist gerade für die internationale Arbeit sehr hilfreich. Doch das wichtigste ist unser Netzwerk: Wir haben viele Leute die uns aktiv unterstützen und zum Erfolg unserer Arbeit beitragen. Dafür sind wir sehr dankbar!

Suchen Sie aktuell Mitarbeiter und wenn ja, welche Qualitäten sollten diese mitbringen?

FELIX SPIRA: Für weitere Mitarbeiter sehen wir im Moment noch keine Möglichkeiten. Jedoch könnten wir im kommenden Jahr noch ein oder zwei Personen brauchen, die sich mit Nachhaltigkeits-kommunikation und -Berichterstattung gut auskennen.

Wo soll die Reise für Ihr Startup in den nächsten 3 Jahren hingehen?

Die nächste Etappe ist es unser bestehendes Netzwerk von Nachhaltigkeitsbüros und Partnerorganisationen zu verstärken, um eine europaweite Bewegung junger change-makers für Nachhaltigkeit an Hochschulen zu entwickeln. Dafür müssen wir unser gemeinsames Lernen und Handeln intensivieren. Um dies zu ermöglichen, wollen wir nationale Koordinations- und Unterstützungsinstanzen einsetzen, Alumni von Nachhaltigkeitsbüros stärker einbeziehen, ein Train-the-Trainer Programm entwickeln, Forschungsprojekte aufsetzen und unsere online und offline Lernangebote zu Nachhaltigkeit an Hochschulen diversifizieren.

Zum Abschluss: Welchen Tipp möchten Sie zukünftigen Gründern mit auf den Weg geben?

FELIX SPIRA: In den nächsten Jahren wird sich in unserer Gesellschaft einiges verändern, weil sich Trends in Technologie, Globalisierung und Umwelt immer mehr verknüpfen und gegenseitig antreiben werden. Die Welt wird komplexer und ungewisser. In dieser Dynamik gibt es gerade für Startups die sich sozialen und ökologischen Herausforderungen widmen, viele Möglichkeiten sich mit Innovationen einzubringen und unsere Gesellschaft und Wirtschaft aktiv mitzugestalten.

 

Das Interview wurde geführt mit Tim Strasser und Felix Spira von rootAbility. (www.rootAbility.com)

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