Rechenzentren verursachen mehr CO2 als die gesamte Luftfahrtbranche

Das Startup Windcloud möchte die energieintensive IT-Infrastruktur nachhaltig gestalten und setzt auf ein Rechenzentrum, das direkt mit Windenergie versorgt wird.

GRÜNE STARTUPS: Herr Springer, stellen Sie doch bitte Ihr grünes Startup WINDCLOUD kurz vor.

BASTIAN SPRINGER: Wir sind ein junges Unternehmen aus Nordfriesland und verbinden Erneuerbare Energien mit IT-Technologie. Konkret haben wir ein Rechenzentrum gebaut, das wir direkt mit Windenergie versorgen. Somit bieten wir echt nachhaltige Cloud-Lösungen. Die Idee dazu kam unserem CEO Karl Rabe. Er ist praktisch im nordfriesischen Windpark aufgewachsen und kennt somit die Möglichkeiten, die die Windenergie in Nordfriesland bietet. Dort wird zeitweise sogar deutlich mehr Strom produziert als verbraucht werden kann, da die Leitungen fehlen, um den Strom nach Süden zu transportieren. Da es dort neben Windenergie auch eine gute Internetanbindung gibt, wurde die Idee geboren, beide Infrastrukturen zu kombinieren und ein echt grünes Rechenzentrum zu bauen. Vor diesem Hintergrund hat sich Karl mit Jan-Martin und Theo, zwei Windkraftpionieren und Geschäftsführern von Windparks, zusammengetan und Windcloud gegründet. Von der Idee über die Gründung bis zur technischen Umsetzung haben wir viel Arbeit investiert. Umso stolzer sind wir darauf, dass die erste Ausbaustufe unseres Rechenzentrums stabil läuft.

GS: Welches „grüne“ Problem lösen Sie und welche Vision steckt hinter Ihrem Konzept?

BS: Rechenzentren verursachen etwa 3% des globalen CO2-Ausstoßes – Tendenz steigend. Das ist jetzt schon mehr als die gesamte Luftfahrtbranche. Mit Windcloud arbeiten wir aktiv gegen diesen Trend. Dadurch, dass wir unseren Strom direkt aus dem Windpark beziehen, betreiben wir unser Rechenzentrum CO2-neutral. Damit liefern wir auch ein Beispiel für andere Unternehmen indem wir zeigen, wie man energieintensive IT-Infrastrukturen nachhaltig betreiben kann. Somit tragen wir unseren Teil dazu bei, das Internet in eine nachhaltige Zukunft zu führen.

Zudem wird den meisten Unternehmen, mit denen wir sprechen, erst durch uns bewusst, dass auch die IT einen großen Einfluss auf die Umwelt und das Klima hat. Und das obwohl Nachhaltigkeit für viele der Unternehmen von großer Bedeutung ist. Der Betrieb eines Online-Shops oder die Auslagerung von Daten ins Rechenzentrum sind in der Regel mit der Emission von CO2 verbunden. Mit uns lassen sich diese Emissionen einsparen.

GS: Wie geht es Ihrer Branche aktuell?

BS: Der Markt für Cloud-Dienstleistungen hat sich in den letzten Jahren rapide entwickelt und die Nachfrage steigt immer noch stetig. Allerdings gibt es bisher keine 100% grünen Ansätze, die den bereits angesprochenen negativen Umwelteffekten von Rechenzentren gerecht werden. Somit sehen wir die Möglichkeit uns innerhalb der Branche als grünes Unternehmen zu positionieren. Wir richten unser Angebot dabei insbesondere an KMUs und Startups, die auf digitalisierte Technologien angewiesen sind.

GS: Wie sieht Ihr Geschäftsmodell aus?

BS: Die Basis unseres Geschäftsmodells bilden unsere drei Kerneigenschaften: Wir sind kosteneffizient, sicher und grün. Wir können den Kunden gute Preise bieten, weil wir den Strom günstig direkt aus dem Windpark beziehen. Darüber hinaus bieten wir einen sicheren Datenstandort, da sich sowohl unser Unternehmenssitz als auch unser Rechenzentrum in Deutschland befinden. Und natürlich bieten wir grüne Rechenzentrumsprodukte, da wir Windstrom nutzen. Dies bündeln wir in unseren Produkten.

Mit diesem Angebot richten wir uns insbesondere an Startups und KMUs, aber auch IT-Systemhäuser, die wiederum für ihre Kunden Rechenleistung oder Speicherplatz benötigen. Zentral ist dabei, dass wir nicht nur starre Produktpakete anbieten. Wir bieten unseren Kunden stattdessen die Möglichkeit, ihren Bedarf jederzeit anzupassen. Damit werden wir den Wachstumsdynamiken von Startups gerecht.

GS: Wie nachhaltig ist die deutsche IT-Landschaft Ihrer Einschätzung nach aufgestellt und welche Rolle spielt Green IT aktuell?

BS: Green IT war vor 3-4 Jahren ein Buzzword in der IT-Branche. Viel getan hat sich dabei in Richtung nachhaltiger Lösungen allerdings nicht. Nachhaltigkeit spielt dann eine Rolle für die Branche, wenn damit Kosteneinsparungen verbunden sind. Daher wurde viel Hardware optimiert, um diese verbrauchsärmer zu machen und Energiekosten zu sparen. Im Gegensatz dazu haben wir die herkömmliche energetische Versorgung von IT-Infrastrukturen gänzlich in Frage gestellt und nicht nur versucht kleinteilig zu optimieren.

GS: Was waren und was sind die größten Herausforderungen für Ihre Unternehmung auf dem bisherigen Weg?

BS: Mit der innovativen Kombination vorhandener Infrastrukturen haben wir Neuland betreten. Das hat natürlich einige knifflige technische und auch organisatorische Fragen mit sich gebracht, die wir lösen mussten. Darüber hinaus stellt es natürlich immer eine Herausforderung dar, ein immaterielles B2B-Produkt aus dem IT-Bereich zu vermarkten. Für uns ist es dabei wichtig zwei Kundengruppen anzusprechen, zum einen IT-Fachleute aus Unternehmen, die sich mit Rechenzentrumsprodukten auskennen und an möglichst vielen technischen Hintergrundinformationen interessiert sind und zum anderen junge Unternehmen und Startups, die Cloud-Lösungen brauchen, die aber eher über das Interesse an Nachhaltigkeit zu uns finden. Wir müssen also beide Zielgruppen über unsere Kanäle gleichzeitig ansprechen.

GS: Wie ist Ihr Gründerteam aufgestellt? Welche fachlichen und sozialen Kompetenzen waren für den bisherigen Erfolg ausschlaggebend?

BS: Bei Windcloud arbeiten Windkraftpioniere und junge Technologieenthusiasten Hand in Hand. Wir setzen auf interdisziplinäre Zusammenarbeit und den stetigen Austausch von Wissen und Erfahrungen in unserem Team. Unser Gründerteam kommt aus der Bürgerenergiebewegung aus Nordfriesland. Zusammen mit den IT-Fachleuten und dem Marketing-/Sales-Bereich bilden wir ein Team, das sich durch agile und gleichberechtigte Zusammenarbeit und hohe Innovationsbereitschaft auszeichnet

GS: Suchen Sie aktuell Mitarbeiter und wenn ja, welche Qualitäten sollten diese mitbringen?

BS: Wir sind aktuell auf der Suche nach qualifizierten und motivierten IT-Experten, insbesondere OpenStack Entwickler, die Lust haben unser Projekt zu begleiten.

GS: Wo soll die Reise für Ihr Startup in den nächsten 3 Jahren hingehen?

BS: Wir planen uns stetig weiter zu entwickeln. Nach erfolgreichem Test unser Betaphase haben wir inzwischen die erste Ausbaustufe unseres Rechenzentrums abgeschlossen. Ziel ist es, dass erste Rechenzentrum voll auszulasten und auf weitere Standorte (national und international) zu erweitern.

GS: Zum Abschluss: Welchen Tipp möchten Sie zukünftigen Gründern mit auf den Weg geben?

BS: Wichtig sind vor allem Durchhaltevermögen, Kreativität und eine Portion Wahnsinn 😉 Es werden viele Dinge passieren, die anders verlaufen als geplant und nicht vorhersehbar sind. Lasst euch davon nicht entmutigen und tauscht euch mit anderen Leuten und Gründern aus. Geht dafür etwa auf Veranstaltungen, auf denen ihr eure Idee präsentieren könnt und lasst euch auf kritische Fragen ein. Nur so könnt Ihr eure Idee optimieren und Schwachpunkte identifizieren.

Vielen Dank

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