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Nachhaltiges Crowdfunding heißt am Ball bleiben

Eine problemlösende Idee, ein durchdachtes Konzept und rege Kommunikation mit der Zielgruppe auch nach der Halbzeit sind unverzichtbar für grüne Startups – Michael Golze, Projektleiter EcoCrowd, im Interview.

1.06.2017

Grüne-Startups.de: Würden Sie uns EcoCrowd vorstellen und die bisherige Entwicklung schildern?

Michael Golze: EcoCrowd ist die erste nachhaltige Crowdfunding-Plattform in Deutschland und ein Projekt der Deutschen Umweltstiftung. In der heutigen Form existieren wir seit 2015 und konnten seitdem bereits über 70 Vorhaben mit circa 300.000€ unterstützen.

Unser Konzept basiert auf einem Prinzip, welches sich auf Englisch “reward-based crowdfunding” nennt. Die Projektstarter präsentieren ihre Projekte auf unserer Plattform und legen ein Finanzierungsziel fest. Menschen, denen das Projekt gefällt, können dabei mithelfen, diesen Zielbetrag in kleinen Schritten zu finanzieren und erhalten als Gegenleistung ein sogenanntes Tauschgut. Das kann zum Beispiel das fertige Produkt sein oder auch etwas ganz anderes.

Alle Projekte auf EcoCrowd laufen im Finanzierungsmodell „Flexibles Funding“. Das heißt wenn das Finanzierungsziel bis zum Ende der Finanzierungsphase nicht erreicht wird, erhält der Projektinitiator trotzdem sein Geld und jeder Unterstützer sein Tauschgut. Ein nachhaltiger Beitrag lässt sich nämlich oft schon mit einer Teilsumme erreichen.

Wir sorgen in diesem Prozess dafür, dass die Infrastruktur also z.B. die Zahlungsabwicklung für die Kampagnen zur Verfügung steht. Darüber hinaus beraten wir die Projektstarter über den gesamten Zeitraum in Hinblick auf die Entwicklung und Durchführung der Crowdfunding-Kampagnen.

Momentan läuft übrigens auch unsere eigene Crowdfunding-Kampagne. Damit die Plattform weiter arbeiten kann, brauchen wir nun selbst Unterstützung, denn unsere Startfördermittel des Umweltbundesamtes laufen aus. Ab dem Sommer muss EcoCrowd sich komplett selbst refinanzieren. Wir freuen uns über Unterstützungen.

Wie hilft EcoCrowd grünen Startups, auf die Beine zu kommen?

Wir bieten den Projektstartern eine ausführliche Beratung vor und während der Kampagne, indem wir über unseren persönlichen Support Tipps geben und auf alle Fragen eingehen. Zusätzlich bieten wir Veranstaltungen wie unsere Crowdfunding-Workshops an und stellen auf unserer Website viele Info-Materialien zur Verfügung.

Wir geben unser Bestes, um gemeinsam mit den Projektstartern die Kampagnen bestmöglich auszuarbeiten.

Was braucht eine innovative Idee am meisten, um zu einem finanziell erfolgreichen Geschäftsmodell heranzuwachsen?

Eine Idee muss ausgereift sein. Wenn sie sich über lange Zeit im Kopf festgesetzt hat, entwickelt sich daraus die nötige Motivation, um sie auch tatsächlich umzusetzen.

Eine gute Idee braucht dann vor allem viel Engagement um erfolgreich zu werden. Viele vergessen manchmal, dass auch Crowdfunding-Projekte viel Arbeit erfordern um wahrgenommen zu werden. Die Unterstützer kommen nämlich nicht ganz von alleine.

Welche Phase ist für ein grünes Startup die schwierigste? Welche Besonderheiten gilt es im Vergleich zu konventionellen Startups zu beachten?

Besonders schwierig wird es, wenn die Projektlaufzeit zur Hälfte vorbei ist. In dieser Phase ist es besonders wichtig, die Spannung bei der Zielgruppe aufrecht zu erhalten. Dann versuchen wir den Projektstartern zu vermitteln, dass es wichtig ist, am Ball zu bleiben.

Was sind die häufigsten Gründe für das Scheitern grüner Gründungen?

Der häufigste Fehler ist es, den Arbeitsaufwand für eine Crowdfunding-Kampagne zu unterschätzen und ich denke, das gilt nicht nur für den ökologischen Bereich. Vor allem die Kommunikation über viele unterschiedliche Kanäle über einen langen Zeitraum hinweg kann sehr kräftezehrend sein. Darum ist es sinnvoll, ein Crowdfunding nicht alleine durchzuführen, sondern die Arbeit auf ein kleines Team aufzuteilen. Außerdem sollte man seine Zielgruppe im Vorfeld genau kennenlernen.

Gibt es für Sie Alarmsignale, bei denen Sie sofort denken, aus diesem Startup wird nichts?

Manchmal erreichen uns Anfragen von Menschen, die über kein Netzwerk verfügen und trotzdem unrealistisch hohe Summen bei uns crowdfunden möchten. Dann versuchen wir, ihnen die Wichtigkeit einer bestehenden Crowd zu Beginn ihrer Kampagne zu vermitteln und eine Zielsumme zu finden, die machbar ist.

Welche drei Kriterien sind Ihrer Meinung nach unverzichtbar für den langfristigen Erfolg insbesondere von grünen Startups?

Im Mittelpunkt steht natürlich die Idee an sich. Diese sollte ein Problem lösen oder sehr innovativ sein. Zum zweiten ist ein gut ausgearbeitetes Konzept wichtig, das verständlich erläutert, welche Ziele man mit den Unterstützungen verfolgen möchte und welcher Mehrwert dadurch für den Unterstützer entsteht. Als drittes ist ein genau strukturierter Ablaufplan zur Kommunikation mit der Zielgruppe und der Wille, diesen umzusetzen, unverzichtbar.

Welchem grünen Startup hat EcoCrowd zuletzt zum Erfolg verholfen?

Das war Audioagrar, ein Landwirtschaftsradio in Podcastform. Sie konnten ihre Hard- und Softwarewarekomponenten innerhalb eines erfolgreichen Crowdfundings auf EcoCrowd finanzieren. Nach kurzer Vorlaufzeit sind sie nun im Mai mit ihrer Website online gegangen und blicken auf eine vielversprechende Zukunft.

In der Vergangenheit war außerdem das Naturbildungsspiel ECOGON besonders erfolgreich. Micha startete ein Crowdfunding bei uns, um die erste Auflage seines Legespiels zu finanzieren. Mittlerweile sind Erweiterungen, eine digitale Version und weitere Spiele innerhalb des neugegründeten Verlags Gaiagames in Arbeit.

In welchem Bereich liegt ihrer Meinung nach das größte Potential für die Zukunft grüner Startups?

Unserer Erfahrung nach sind es ganz besonders die lokalen grünen Projekte, die Erfolg haben. Viele Menschen wünschen sich einen nachhaltigen Wandel in ihrem eigenen Umfeld und sind bereit, dazu die entsprechenden Vorhaben monetär zu unterstützen. Beispielsweise finden Nachbarschaftszeitungen oder Begegnungsstätten viele Unterstützungen, verpackungsfreie Einkaufsläden oder Gemeinschaftsgärten haben auch viel Potential.

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