Bild: Kompotoi

10 Jahre Kompotoi, die umweltfreundliche Komposttoilette: Max Mannheim von Kompotoi Deutschland im Interview

INTERVIEW | Kompotoi, die umweltfreundliche Komposttoilette aus Holz, feiert ihren zehnten Geburtstag. Inspiriert vom Konzept  der Permakultur, hatte der Gründer Jojo Casanova-Linder im Jahr 2008 die Idee zur Vermietung von Komposttoiletten in der Schweiz. Seither ist viel geschehen. Der erste Prototyp entstand 2012 und ging mit der Gründung des Vereins Kompotoi einher. Von da an stießen die Kompotois auf deutlich positive Resonanz und so kam es 2016 zur Gründung der Kompotoi AG in der Schweiz. In diesem Jahr wurde die Kompotoi Deutschland GmbH unter Leitung von Max Mannheim und Florian Hayler ausgegründet.

Im Interview erzählt uns Max Mannheim, Geschäftsleiter der Neugründung Kompotoi Deutschland, mehr über die umweltfreundliche und geruchsarme Alternative zur chemischen Plastiktoilette. Wir sprechen mit ihm über die Geschichte des Unternehmens, die unterschiedlichen Anwendungsbereiche, den Aspekt Benutzerfreundlichkeit sowie über Nachhaltigkeit und ökologische Kreisläufe.

Grüne Startups: Hallo Max, Kompotoi wurde ja schon Ende 2016 in der Schweiz gegründet. Wie kam es damals zu dieser Idee?

Max Mannheim: Der Kompotoi-Gründer Jojo Casanova-Linder ist passionierter Skateboarder und war eine Zeitlang sogar Profisportler – bis ein Unfall das abrupt geändert hat. Mit plötzlich eingeschränktem Bewegungsradius musste er auf ruhigere Alternativen zurückgreifen und hat eine Permakultur-Weiterbildung gemacht. Hier ist er mit dem Thema Komposttoiletten in Berührung gekommen und war sehr beeindruckt, weil es so sinnfällig und einfach ist, diesen Kreislauf Nahrung-Fäkalien-Erde-Nahrung zu schließen.

Zusammen mit drei MitstreiterInnen hat er weiter experimentiert – und dann einen Auftrag bekommen, weil ein befreundeter Veranstalter unbedingt die Plastik-Chemietoiletten ablösen wollte. So wurde ein Verein gegründet und die ersten Prototypen getestet. Wegen der starken Nachfrage hat das Konstrukt “Verein” dann bald nicht mehr ausgereicht.

Inzwischen gibt es 8 Standorte in der Schweiz und dieses Jahr wurde die Kompotoi Deutschland ausgegründet.

Woraus bestehen eure umweltfreundlichen Toiletten und wie können wir uns das Ganze vorstellen?

Die Toiletten sind komplett aus Massivholz gefertigt. Das macht sie sehr gemütlich und langlebig. Wir bekommen extrem viele gute Rückmeldungen von NutzerInnen, die positiv überrascht sind. Denn, mal ehrlich, die Erwartungen an eine Toilette – sei es auf einem Festival, sei es eine öffentliche Toilette – sind erstmal sehr gering. Du rechnest wahrscheinlich mit unangenehmen Gerüchen und richtest dich darauf ein, dass du möglichst schnell wieder raus sein willst.

Das ist bei uns nicht so, sondern die meisten haben eine sehr angenehme Sitzungserfahrung. Du bist in einem gemütlichen Holzhäuschen, es riecht leicht nach Spänen oder Einstreu und hinterher kannst du dir mit einem Desinfektionsspender die Hände reinigen.

Was gibt es bei der Nutzung beachten?

Das einzige Besondere an Trockentoiletten ist ja, dass du nach dem Klogang nicht spülst, sondern dein Geschäft mit einer guten Schippe Hobelspänen oder Vergleichbarem bedeckst. Dabei geht´s nicht primär darum, dass der oder die Nächste es nicht sehen soll, sondern dass die Feuchtigkeit gebunden wird. So entstehen keine unangenehmen Gerüche.

Und das ist auch schon alles. Wir verwenden bewusst keine Trenneinsätze für den Urin, um es so einfach wie möglich zu halten. Hinsetzen, streuen, fertig. Wobei, jede Toilette ist mit einem zusätzlichen Pissoir ausgestattet, als Alternative. Man kann also auch stehen bleiben.

Die Holztoilette von Kompotoi von innen (Bild: Désiree Laroche, Kopotoi).

Zu welchen Anlässen und in welchen Bereichen werden eure Toiletten angemietet?

Das ist sehr vielfältig: Veranstaltungen von der privaten Hochzeitsfeier bis hin zum Festival, aber auch Baustellen oder saisonal genutzte Orte wie Strandbäder und dann natürlich feste Standplätze in Parks, an Spielplätzen oder Wanderwegen.

Durch die massive Bauart bringen unsere Häuschen ein gewisses Gewicht mit, deshalb ist die Logistik natürlich ein wichtiger Faktor. Finanziell und ökologisch sinnvoll sind deshalb insbesondere mittel- und längerfristige Nutzungen – und alles, was im näheren Umfeld unserer Standorte liegt. Das sind in Deutschland aktuell Darmstadt, München und Chemnitz – wird sich in 2023 aber nochmal ausweiten.

Kann ich mir eine Kompotoi-Toilette auch privat anschaffen, sagen wir, für den Garten?

Absolut! Und das Schöne ist, dass man dann ja auch selbst verwerten kann! Wenn man ein paar Kleinigkeiten beachtet, ist das kein Problem und ganz einfach. Wir helfen hier gerne weiter!

Die charmante Toilette kann im öffentlichen und privaten Bereich aufgestellt werden (Bild: Kompotoi).

Dass eure natürlichen Holztoiletten einen enormen Umweltvorteil gegenüber chemischen Plastikklos haben, scheint deutlich auf der Hand zu liegen. Wo und wie sehr ist der Vorteil für die Umwelt besonders gegeben, lässt sich das sagen?

Der allergrößte Vorteil liegt natürlich darin, dass keine Chemie verwendet wird. Die ist energieaufwändig in der Herstellung und problematisch für die Kläranlagen.

Darüber, wie nachhaltig die Nutzung von Holz ist, wird ja immer wieder diskutiert, weil wir nach wie vor einen Rückgang der Wälder haben. Das muss man etwas differenzierter betrachten: Nutzung von Holz ist besonders dann sinnvoll, wenn die Produkte sehr oft oder sehr lange genutzt werden können – wie im Hausbau. Der Kohlenstoff bleibt zunächst gebunden und kann danach einer weiteren Verwertung zugeführt werden. Bisher haben wir allerdings noch kein einziges Kompotoi ausrangieren oder zu Kleinholz verarbeiten müssen.

Bei Verbrauchsmaterialien sollte allerdings möglichst wenig frisches Holz verwendet werden. Deshalb achten wir auf Recycling-Klopapier und bei Einstreu möglichst darauf, dass sie aus Holzabfällen besteht.

Der interessanteste Punkt ist sicherlich die Verwertung. Wir kompostieren das gesammelte Gemisch – damit es hygienisch unbedenklich ist, in einer Hitzekompostanlage. Der gewonnene Humus darf aktuell noch nicht standardmäßig in der Landwirtschaft verwendet werden. Fäkalien, die nicht Abwasser oder Klärschlamm sind, gibt es in der Gesetzgebung noch nicht – da betreten wir also Neuland. Weil der Bodenverlust und damit der Humusaufbau, genauso wie extrem stark steigende Düngemittelpreise und -engpässe, inzwischen regelmäßig auf der Agenda stehen, ist die Zulassung hier ein logischer Schritt, der aber einfach noch Zeit braucht. In der Schweiz wird der Urin schon zu Stickstoffdünger verarbeitet, der für den Gemüseanbau freigegeben ist, auch in Österreich und Liechtenstein. Das ist ein tolles Beispiel, wo es hinführen muss.

Wie kann ich euer Angebot buchen und welche Service-Optionen bietet ihr an?

Einfach über unsere Website anfragen. Wir haben da ein Formular, das die wichtigsten Eckpunkte abfragt.

Bei der Toilettenvermietung bieten wir Servicemodelle von Rundumbetreuung auf Festivals über Leerung und Wartung zum festen Termin oder auf Abruf bis hin zu Kompost-it-yourself. Wer noch nicht genau weiß, welches das richtige Modell ist oder auch wie viele Toiletten geplant werden sollten: einfach anfragen!

Die mobilen Holztoiletten lassen sich für diverse Anlässe mieten (Bild: Kompotoi).

Was möchtet ihr in Zukunft noch verbessern, welche Ziele habt ihr?

Zuerst haben wir den Schwerpunkt auf die Nutzerperspektive gelegt: die Nutzer sollen sich so wohl wie möglich fühlen. Das ist uns am wichtigsten und haben wir absolut erreicht.

Jetzt geht es darum, Prozesse, Planung und Logistik zu optimieren. Viele Anfragen müssen wir aktuell noch ablehnen, weil eine Anfahrt nicht sinnvoll ist. Das soll sich ändern. Die Herausforderung ist hier zu wachsen und dabei die Qualität stabil hoch zu halten. Und ich bin sehr zuversichtlich, dass wir das erreichen.

Vielen Dank für das Interview, Max!

Dir schwebt nun auch noch eine Frage im Kopf herum, die du gerne an Kompotoi stellen möchtest?

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